Nachdem wir in Eisenbahn Zeitschrift 6/89 in Vorbild und Modell ausführlich die Re 4/4 II in der auffälligen "Picasso"- Version vorgestellt haben, wollen wir auf den Autoseiten ein nicht minder bekanntes Fahrzeug genauer betrachten. Es handelt sich um den SAURER-Sattelzug, der im Auftrag der Migros vom Künstler Andy Wildi ein attraktives Kleid bekam, aber leider nur allzu scnell wieder verschwinden musste.
Am 27. Januar 1983 wurde auf dem Badener Cordulaplatz in einer Vernissage
ein Sattelzug enthüllt, der seine Batrtachter in Zukunft vom grauen Strassenalltag
aufhorchen lassen sollte. Zu sehen war auf den beiden 13,5 Meter langen und
2,5 Meter hohen Seitenwänden des Aufliegers der liegende Albert, der
an Anita denkt. Auf dem Dach waren ein grosses, fast die ganze Breite ausnützendes
Herz und die beiden Sätze "Albert liebt Anita" und "Anita liebt Albert"
aufgebracht. |
Andy Wildi auf dem Arbeitsgerüst beim Waschen der Aufliegerseite mit
Anita
Andy Wildi, geboren am 19. Oktober 1949 in Baden, hat seine Ausbildung an
der Kunstgewerbeschule Zürich, der Schule für experimentelle Gestaltung
F + F in Zürich und an der Kunstgewerbeschule Basel absolviert. Er war
während 10 Jahren (1974-84) Mitglied der Ateliergemeinschaft Spinnerei
Wettingen und lebt seit 1984 in Novaggio/TI. Nicht alle Projekte von Andy
Wildi wurden verboten, so dass der Interessierte heute verschiedene weitere
Arbeiten des Künstlers besuchen kann.So malte er 1974 ein Wandbild im
Schulhaus von Kaiserstuhl und 1975 ein ebensolches im Schulhaus Neuenhof.
Ab 1977 gestaltete er verschiedene Bühnenbilder für die Theatergruppe
Claque Baden, die Jerry Dental Kollekdoof und die Freilichtbühne Baden.
Im gleichen Jahr wie auch der Sattelschlepper (1983) entstand das Wandbild
an einem Mehrfamilienhaus an der Bahnhofstrasse in Wettingen und 1987- eine
Abrechnung mit den Amtsstuben? - das Deckenbild "Der Amtsschimmel" im Amtshaus,
Baden. Andy Wildis hauptsächliches Schaffen sind seine Bilder, die in
verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen in der ganzen Schweiz immer
wieder zu sehen sind. |
Initiantin der Aktion war die Migros-Genossenschaft Aarau/ Solothurn, die mit zwei bemannten Sattelschleppern einen Akzent setzen wollte. Kunstmaler Andy Wildi, der sogleich von der Idee eines "fahrenden Kunstwerks" begeistert war, setzte sich in seinem Atelier an die Realisierung der Entwürfe.
Andy Wildi gestaltete sein werk bewusst nach Kriterien, die für ein fahrendes Kunstwerk Objekt wichtig sind: Sein Bild sollte farbenfroh, plakativ, grossformatig und aussagenstark sein. Es sollte aus der Bewegung heraus leben, beim Vorbeifahren eine zusätzliche Dynamik entwickeln. Einen spannungsreichen Kontrast zur klaren visuellen Gestaltung der beiden Bilder bildet die Tatsache, dass der Sattelschlepper beim Vorbeifahren immer nur einen Teil seiner Botschaft vermittelt.
Der Betrachter sieht jeweils nur eine Seite des ganzen Kunstzwerkes, womit ihm ein gewisses Geheimnis bleibt, wie auch der Libe immer etwas Unergründliches anghaftet.
Die beiden Personen sind übrigens keine "Erfindungen" des Künstlers, sondern dem Schauspieler Albert Freuler und seiner Freundin Anita Pfau nachempfunden.
Die eigentlichen Spritzarbeiten am Original nahmen gut eine Woche Zeit in Anspruch und wurden bei einer darauf spezialisierten Firma ausgeführt.
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Es durfte nicht sein
Obwohl das Fahrzeug gleich von Anbeginn weg grosse Zustimmung beim Publikum
und den Medien fand, sollte seine Zeit nicht allzu lange werden. Wie schon
oft, stellte sich das Strassenverkehrsamt quer und verweigerte die Zulassung
unter dem Vorwand, die Bemalung sei zu auffällig und würde die
anderen Strassenbenützer ablenken. Auf einen Rekurs wurde von Seiten
der Migros verzichtet und so verkehrte der Sattelschlepper nur wenige Wochen
nach der Vernissage wieder im "strassenverkehrstauglichen" Weiss. |
Das Modell
Der Modellbauer ist in der glücklichen Situation, keine Behörde
konsultieren zu müssen, bevor er ein Modell auf die Strasse setzt.
So wird "Anita und Albert" wohl noch lange durch manche (Modell-) Landschaft
kurven. Die Rede ist von der Modellnachbildung des Sattelschleppers im Massstab
1 : 87 von Roskopf. Anfang 1984 erschien ein aufwendig und sehr schön
bedrucktes Modell, das, dem Vorbild entsprechend, mit einer Saurer-Zugmaschine
versehen war. Damit wurde dem vergangenen Kunstwerk ein bleibendes Denkmal
geschaffen, das noch Jahre Gross und Klein erfreuen wird. Das Modell wurde
in einer Serie von 6000 Stück produziert und ist noch heute im Fachhandel
erhältlich.
Vorbildfotos: Andy Wildi
Text und Modellbilder: wie
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Bild oben: Die gleiche Seite im Entstehen beim Vorbild. Zahlreiche Schablonen
waren für die Spritzarbeiten erforderlich.
Bild unten: Nochmals der Modell-Sattelzug, der - im Gegensatz zum Vorbild - noch lange die Menschen erfreuen wird.
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